Der Chinese
von Benjamin Lauterbach
Benjamin Lauterbachs „Der Chinese“ war 2011 zum Berliner Stückemarkt eingeladen, 2012 folgte die Uraufführung am Staatstheater Darmstadt. Der Spiegel titelte damals: „Heimatfrüchte handgekurbelt“ und spielte damit darauf an, dass im Deutschland des Jahres 2045, in dem das Stück spielt, sich viel um Gesundheit und Ernährung dreht. Vor dem Hintergrund einer sich wandelnden und auseinanderdriftenden Gesellschaft haben wir Benjamin Lauterbach gebeten, eine aktuelle Fassung für uns zu schreiben: In der jetzigen Berliner Fassung von 2022 ist das Deutschland des Jahres 2045 isoliert, eine völkische Bewegung hat längst die Macht im Staat übernommen, die EU gibt es nicht mehr, die Ernährung ist ausschließlich regional, Fliegen ist ebenso verpönt wie schulmedizinische Versorgung, es gibt keine Staus mehr und keine „fremdländischen Menschen“, Raucher sind ausgestorben, Gendern ist abgeschafft, Handys aus dem Verkehr gezogen, die D-Mark wurde wieder eingeführt. Es herrscht eine neue Ordnung, die Ordnung der „Bewegung“.
Theaterchef Martin Woelffer betont: „Wir verstehen die Auswahl dieses Stückes auch als Warnung und stellen die Frage, was passiert, wenn populistische und nationalistische Kräfte weiter an Einfluss gewinnen und wirklich auch bei uns an die Macht kommen. Was passiert, wenn Begriffe wie „Freiheit“ und „Humanität“ ausgenutzt werden, um ohne Rücksicht auf Verluste Allmachtphantasien auszuleben? Wir wollen mit komödiantischen Mitteln zum Nachdenken anregen. Das ist eine große Herausforderung, der wir uns gerne stellen.“
Die Handlung
Wir sind zu Gast bei der glücklichsten aller glücklichen Vorzeigefamilien des neuen Deutschlands im Jahre 2045. Nur gute Gedanken befördern Geist und Körper - und das ständige Dankbarsein für das große Glück, in Deutschland zu leben. So „beschenkt“ freuen sich Vater Alexander, ein erfolgreicher Erfinder, Mutter Gwendolyn, eine treusorgende, auf Tugend und Prinzipien achtende Hausfrau und die beiden Kinder Maria-Lara und Niklas, die stets zum Wohl des Volkes und der Familie agieren, auf ein besonderes Privileg: Sie sind ausgewählte Gastfamilie für einen Chinesen! Er soll zu Besuch nach Deutschland kommen um zu lernen, wie man richtig glücklich sein kann. Doch allein die Anwesenheit von Herrn Ting und seine Gastgeschenke bringen das gesamte Kartenhaus zum Einstürzen und die Familie an den Rand des Nervenzusammenbruchs.
Regisseur Daniel Krauss fasst zusammen: „ ´Der Chinese´ ist eine rasant-dystopische Familienkomödie und ein leidenschaftliches Plädoyer für den gesunden Menschenverstand!“
Pressestimmen
„... zum Fürchten und zum Lachen zugleich. Elegant begeistert die Komödie im Schiller Theater wieder mit origineller Unterhaltung.”
Irene Bazinger, Berliner Zeitung
„...ein vergnüglicher Abend. Überhaupt erfreulich, dass die Kudamm-Bühnen ein Stück jenseits des Boulevard-Kanons auf den Spielplan setzen, das so explizit politische Satire betreibt. Und so gut in die Zeit passt.”
Patrick Wildermann, Der Tagesspiegel
Spieldauer: ca. 2 Stunden 25 Minuten, inkl. Pause
Besetzung